Kalenderblatt Oktober 2020

Oktober 2020

Streifzug durch die Waberner Ebene (Teil 1)

Rechts und links der Eder von Fritzlar bis Niedermöllrich, von Günter Bauer

Wo sollte man seinen Streifzug durch unseren Heimatraum beginnen? Was alles gibt es neu oder wieder zu entdecken? Welches ist die beste Jahreszeit? Kurzum, man sollte mit offenen Augen und offenen Ohren unterwegs sein, denn die Hessengausenke oder auch Niederhessische Senke, hier meist Waberner Ebene oder oft auch Wabernsche Tiefebene genannt, hat vieles zu bieten.

Mit prägend für die Tiefebene ist natürlich die Flussaue der Eder, genauer der unteren Eder, die den Raum nach Norden begrenzt. Hier soll auch unsere Wanderung beginnen, und zwar da, wo der Fritzlarer Mühlengraben sich wieder mit der Eder vereinigt. Durch verschiedene Wasserbaumaßnahmen in der Vergangenheit sind die Ufer der Eder teils befestigt und dadurch auch begradigt worden, was den Fluss in diesen Abschnitten etwa bis zur Autobahnbrücke zu schnellerem Fließen zwingt. Paddler und Kanuten, die man im Sommer häufig hier antrifft, verlangt dies erhöhte Aufmerksamkeit ab, denn ein Kentern hier bei der doch stärkeren Strömung ist angesichts der doch recht gewöhnungsbedürftigen Wassertemperatur selbst im Hochsommer kein wirkliches Vergnügen.

An wenigen Stellen der Ederau zwischen Fritzlar und Zennern etwa kann man an Altarmen noch erkennen, wo die Eder früher einmal verlief. Das alte Flussbett oder Teile davon verlanden zusehends und bilden ein eigenes Biotop, in dem sich Frösche tummeln, aber auch Myriaden von Insekten einen eigenen Lebensraum gefunden haben. Umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste ragen aus dem mit Wasserlinsen übersäten ehemaligen Flussarm und beschleunigen den Verlandungsprozess.

Eine kleine Geländestufe zwischen der Bahnlinie Wabern-Bad Wildungen und dem heutigen Flussbett lässt erahnen, dass vor Zeiten die Eder in der flachen Ebene bei der natürlichen geringen Fließgeschwindigkeit in die Breite erodierte , bis hierhin verläuft und eine Terrasse bildete, die heute allerdings durch den Pflug weitgehend eingeebnet wurde. Hochwasser waren damals sicher an der Tagesordnung, von den Menschen gefürchtet, aber auch von der Landwirtschaft nicht ungern gesehen, brachte doch das Wasser Sedimente mit, die sich in der Ebene ablagerten und fruchtbares Ackerland schufen. Der Bau der Edertalsperre hat in dieser Hinsicht vieles verändert. Vormalige Seitenerosion ist der Tiefenerosion an den schnell fließenden Abschnitten gewichen. Überhaupt weist dieser Bereich der Untereder die größten Veränderungen auf, was der Vergleich älterer und neuerer Karten auch deutlich macht. Doch der Reihe nach:

Der heutige Verlauf der Eder zeigt rechts und links des Flusses mannigfache Eingriffe des Menschen, wodurch die Landschaft insgesamt erheblich verändert und umgestaltet wurde und - das verrät auch der subjektive Eindruck - vielleicht auch gewonnen hat.

Kiesabbau in großem Stil in der Vergangenheit, namentlich in den 60er Jahren, den der Fluss seit Menschengedenken insbesondere aus seinem Oberlauf herantransportiert und hier abgelagert hat, zeichnet für diese Veränderungen verantwortlich. Wer in der Hochphase des Abbaus die entstandenen „Löcher“ und die „Wunden“, die der Flussaue zugefügt wurden, betrachtete, konnte eigentlich nur noch den Kopf schütteln über das, was hier geschehen war und noch geschah. Kinder sahen das natürlich ganz anders. Besonders im Winter bei strengem Frost gab es hier größere Eisflächen für Eishockey, Schlittschuhfahren und „Schurren”, und auf den Teichen war so richtig was los.

Und der Anblick heute? Die „Wunden“ sind verheilt, die ausgekiesten Flächen, die mit Wasser gefüllt sind, - ihr Wasserstand ist z.T. von dem der Eder abhängig - wurden teils sich selbst überlassen und bilden heute kleinere Teiche und Tümpel, andere wurden renaturiert. Die meisten jedoch werden heute von ihren Besitzern, Pächtern wie etwa Fischereivereinen, z.T.mit viel Aufwand liebevoll gepflegt, dienen der Naherholung bzw. dem Angelsport. Für den Wanderer und Radfahrer bieten am Rand aufgestellte Bänke eine willkommene Rastmöglichkeit, aber auch eine gute Gelegenheit, das Treiben auf den Wasserflächen in Ruhe zu beobachten. Der Naturfotograf findet hier lohnende Objekte.

Die Veränderungen gehen indes weiter, und in wenigen Jahren wird der aufmerksame Beobachter insbesondere zwischen Wabern und Niedermöllrich ganz neue Eindrücke der Flussniederung gewinnen.

Neben den anstehenden Projekten der Renaturierung wurde bereits einiges getan: Ein kleineres Areal rechts der Eder süd-östlich von Zennern, ehemaliges Kiesabbaugebiet, hat sich quasi von selbst ohne menschliches Dazutun im Laufe der Jahre wieder so entwickelt, wie es ursprünglich einmal ausgesehen hat.

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