Kalenderblatt September 2008

September 2008

Bahnhof Wabern um 1960

Als am 6. Februar 1845 der Staatsvertrag zwischen Kurhessen, dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt und der Freien Reichsstadt Frankfurt über den Bau der Main-Weser-Bahn geschlossen wurde, war der Weg zu ihrem Bau frei. Im Jahr 1848 begannen die ersten Erdarbeiten und bereits am 19. Dezember 1849 wurde der Streckenabschnitt zwischen Guntershausen und Wabern in Betrieb genommen.

Wabern bekam trotz seiner geringen Einwohnerschaft von etwa 1100 Seelen einen unverhältnismäßig großen Bahnhof. Offensichtlich war der Bahnhof ein Prestigeobjekt des regierenden Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Nach der Eröffnung der Bahnlinie ist er sicherlich nur noch per Bahn von der Residenzstadt Kassel zum Schloss Wabern gereist. Im Bahnhof sollen dafür auch besondere Räume für den Kurfürsten reserviert gewesen sein.

Wann genau mit dem Bau des Bahnhofs begonnen wurde ist nicht bekannt, jedoch dürfte zwischen der Eröffnung der Bahnlinie und des Bahnhofs keine große Zeitspanne gelegen haben. Der ursprüngliche Bau war streng symmetrisch mit einem mittigen Turm ausgeführt. Rechts und links vom Turm befanden sich zur Straße hin offene Arkaden. Anhand der Größe der verwendeten Ziegeln und historischer Fotografien lässt sich die weitere Baugeschichte recht gut nachvollziehen. Ein im Jahr 2007 erstelltes Baugutachten des Ingenieurbüros Rinne in Rinteln nennt für den ursprünglichen Bau ein Ziegelmaß von 23,7 x 11,4 x 4,3 cm, das unter dem Oberbegriff "Klosterformat" bekannt ist. Im Jahr 1870 erfolgt durch preußisches Gesetz die Festlegung des zu verwendeten Ziegelmaßes von 25 x 11,5 x 6,5 cm (Reichsformat), das bis Ende der 1940er Jahre gültig war. Der erste An- bzw. Umbau erfolgte nach 1900. Dabei wurden die bisher offenen Arkaden geschlossen und vom Bahnhofsvorplatz aus gesehen links am Gebäude erfolgte ein erster Erweiterungsbau, der im Baustil dem bisherigen Gebäude angepasst wurde. Vermutlich in den 1920er Jahren wurde der vom Vorplatz aus gesehen rechte Teil umgestaltet und deutlich erweitert. Die Rundbögen der ehemaligen Arkaden rechts vom Turm sind nun verschwunden, die Fenster sind rechteckig ausgeführt. Auch im Anbau, in dem sich ehemals das Bahnhofsrestaurant und Wohnungen befanden, haben die Fenster und Türen keine Rundbögen.

Eine weitere Baumaßnahme erfolgte in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der markante Turm wurde in dieser Zeit aus unbekannten Gründen abgetragen. Eine deutlich sichtbare Veränderung war auch der Anstrich mit orange-roter Farbe über das bisher freiliegende Ziegelwerk.

In den letzten Jahrzehnten verlor der Bahnhof als Liegenschaft allmählich an Bedeutung. Davon zeugt auch das brachliegende Gleisdreieck mit dem ruinösen Lokschuppen. Die DB Immobilien strebte, wohl auch um die notwendige Sanierung von Gebäuden und Gelände zu vermeiden, den Verkauf des Bahnhofsgebäudes an.

Im Jahr 2007 erwarb die Gemeinde Wabern das Bahnhofsgebäude, das in letzter Zeit in weiten Teilen leer stand und in seinem äußeren Erscheinungsbild mit den umliegenden Bahnanlagen nicht den Zustand wiedergibt, der der Bedeutung des Bahnhofs Wabern gerecht würde. Zur Zeit erfolgen umfangreiche Umbau und Sanierungsarbeiten, mit denen das Bahnhofsgebäude in ein Wohn- und Geschäftshaus umgewandelt werden soll.

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