Kalenderblatt Oktober 2002

Oktober 2002

Schmiede und Landmaschinenhandel Momberg, Ziegenhainer Straße

Bei dem im Jahr 1953 abgerissenen Haus handelt es sich um ein einfaches traufständiges(1) zweizoniges(2) Kleinhaus(3) , das später durch Wirtschaftsgebäude ergänzt wurde. Der zweigeschossige Stockwerk- oder Rähmbau(4) zeigt in der linken Zone in den äußeren Bereichen nach innen geneigte 3/4 Streben(5) mit einfacher Verrieglung(6), in der rechten Zone ist im ersten Stock eine einzelne ebenfalls nach innen geneigte Vollstrebe erkennbar. Vor dem rechten Hausteil überbrückt eine zweiseitige Vortreppe den durch den Sandsteinsockel des Hauses erzeugten Höhenunterschied zwischen der Straße und dem Fußbodenniveau des Erdgeschosses. Bei dieser Treppe handelt es sich um einen Nachfolger einer ehemals gerade von der Straße aufsteigenden Treppe. Einige Teile des alten Hauses, so auch die Haustür, fanden im neuen Haus, das sich neben der Werkstatt befindet, bis heute Verwendung.

Die unterschiedliche Ausführung des Fachwerks lässt darauf schließen, dass das Haus in mehreren Phasen erbaut oder ergänzt wurde. Die südliche Seite der Ziegenhainer Straße sind die der Gemeinde gehörenden "Pflanzen Oerthe", also Gartenland, das 1801 noch unbebaut ist. Ein viertel Jahrhundert später ist auch diese Straßenseite bebaut. Möglicherweise stammt der rechte Teil des Hauses aus dieser Periode, da auf einem Katasterplan von 1826 ein Haus entsprechender Größe mit einem kleinen Anbau auf der rechten Seite eingezeichnet ist.

Am 23.02.1861 heiratet der Sohn des aus Harle stammenden Ackermannes und Postillion Johann Conrad Momberg, der Schlossermeister Heinrich Momberg (*26.04.1834, +21.08.1865), die aus Wabern stammende Anna Martha Otto (*25.03.1837). Sie ist eine Tochter des Ackermannes Johannes Otto II (heute Hof Witzel-Mardorf) und seiner Ehefrau Anna Catharina geb. Feyerabend.

Heinrich Momberg, aufgewachsen im elterlichen Haus am Kirchplatz, hat vermutlich das Anwesen in der Ziegenhainer Straße erworben und dort in dem hinter dem Haus liegenden Wirtschaftsbau seine Schlosserwerkstatt eingerichtet. Die beginnende Tradition des Schlosserhandwerks wurde durch sein einziges Kind, dem Sohn Heinrich (*06.01.1862, +25.01.1920), fortgesetzt. Heinrich Momberg war in erster Ehe mit Elisabeth Witzel (*14.08.1863, +10.08.1902) aus Wabern und in zweiter Ehe mit Anna Elisabeth Harbusch (*19.02.1868) aus Hebel verheiratet. Ihm folgte in dritter Generation sein Sohn Konrad Momberg (*22.08.1894, +1976) mit Schlosserei und Landmaschinenhandel nach. Ein Bruder von Konrad, Heinrich Momberg (*30.03.1897, +1953) war von 1946 bis 1948 Bürgermeister von Wabern.

In vierter und abschließender Generation wurde der Landmaschinenhandel durch den Sohn von Konrad Momberg, Georg (*1923, +1994), übernommen. Georg Momberg war mit Gerda Otto verheiratet, aus dieser Ehe gingen zwei Töchter und zwei Söhne hervor, die jedoch den elterlichen Betrieb nicht weiterführten. Im November 1994 wurde der Landmaschinenhandel von der Familie Momberg durch Gewerbeabmeldung endgültig aufgegeben. Einige Zeit bis zum Jahr 2000 wurde das Geschäft von einem anderen Pächter weiterbetrieben.

(1) Traufständig: Quer zur Straße stehend.
(2) Zonen: Bezeichnung der Konstruktionsabschnitte am Fachwerkhaus.
(3) Kleinhaus: Haus ohne Wirtschaftsteil, evt. mit Kleintierstall.
(4) Stockwerkbau (ältere Bezeichnung Rähmbau): Im Gegensatz zur Geschoßbauweise stehen die Stockwerke als selbständige Einheiten wie Schachteln aufeinander
(5) 3/4 Streben: Schräglaufende Holzbalken zur Stabilisierung, die vor der Höhe der Decke abschließen; im Gegensatz zur Vollstrebe, die bis zum Deckenbalken (Rähm) reicht.

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