Kalenderblatt August 2001

August 2001

Alte Schule, Fritzlarer Straße

Zur Zeit der Reformation wurde die Einführung der Dorfschulen durch M. Luther und Ph. Melanchton nachhaltig beeinflusst und durch Landgraf Moritz von Hessen vorangetrieben.

Die Ersterwähnung einer Schule in Wabern geht aus den Kirchenakten von 1792 hervor, in denen bereits auf die Enge und auf die Missstände des Schulhauses hingewiesen wird (ehem. Haus Pfeil). Eine notwendige Erweiterung mit Kostenvoranschlag aus dem Jahre 1801 weist auf das Vorhaben hin.

Mit Schreiben vom 08.07.1825 berichtet Kreisrat Richard aus Fritzlar, dass das Schulhaus in Wabern "baufällig" sei. Für einen Neubau wurden 2559 Reichstaler, 30 Albus und 5 Heller vereinbart. Da bis zum 08.11.1827 immer noch keine Entscheidung gefallen war, bat Pfarrer Werner, der die örtliche Schulaufsicht wahrnahm, in seinem Visitationsbericht an die Kurfürstliche Regierung "untertänig dass der gnädig verfügte Bau sein müsse, weil sowohl der Unterricht, als auch die Gesundheit der Schüler zu sehr leiden, die Schulstube ganz niedrig auf der Erde liegt, sie kühl und nass ist, klein, enge und dunkel". Zu Beginn des Jahres 1828 wurde vom Kurfürstlichen Oberbaumeister Engelhard an den Maurermeister Rühl der Auftrag erteilt, ein neues Schulhaus zu errichten, In einem Brief vom 12.01.1828 ist zu entnehmen, dass wegen vieler Änderungen ein neuer Bauplan erfolgt. Daneben wurde die Größe der Schulräume auf sechs Quadratfuß pro Schüler festgelegt. Da der Schulneubau schleppend voran ging, Nachlässigkeiten moniert, sogar die Schornsteine nicht nach Vorschrift angelegt waren, wurde 1832 gar die Bezahlung dafür zurückgehalten. Bürgermeister Fennel wird 1838 aufgefordert, über den Baufortschritt zu berichten. Erst am 01.04.1844 berichtet Bürgermeister Otto über die Schulbaumaßnahme und ein Jahr später versucht die Gemeinde einen zusätzlichen Baumeister zu bekommen, damit die Baumaßnahme zügiger abgeschlossen werden könne. Am 04.12.1846 teilte der Landrat in Fritzlar der Regierung in Kassel den Abschluss der Bauarbeitern mit.

Von der Planung bis zur Vollendung vergingen 21 Jahre, mit dem Ergebnis, dass die beiden Schulsäle überfüllt waren. Somit fand wieder Vormittags- und Nachmittagsunterricht für die inzwischen 180 Kinder statt. Auch die Baukosten überschritten die Planungskosten erheblich.

Pfarrer Werner beschreibt in seinem Bericht vom 28.03.1838 das neue Schulhaus, "welches auf der einen Seite an dem Kirchhof hin und auf der anderen nach der Landstraße hin eine angenehme freie Lage hat und wie schon bemerkt, für zwei Lehrer eingerichtet worden, mit zwei Schulsälen, jeder 510 Fuß groß, welche, dafür in der zweiten Etage angelegt sind, das gehörige Licht haben, ferner mit 2 Wohnstuben und Kammern, zwei Küchen und zwei besonderen Gängen und Eingangsthüren im unteren Stock, wie auch zwei Kellern, sodann noch mit zwei kleinen Stübchen oder Kammern im 2ten Stock versehen, durch welche jedoch der Gang zum Boden führt. So schön und gut übrigens das neue Schulhaus ist, so sind aber doch einige Uebelstände und Nachtheile dabei nicht zu verkennen:

1. Daß die Gefache nicht mit Backsteinen oder Lehmsteinen, sondern mit Sandsteinen ausgemauert worden sind, welche bekanntlich die Nässe und Feuchtigkeit anziehen und lange halten, wodurch es gekommen ist, dass die Wände in den Schulsälen und allen Gemächern des Hauses immer von Nässe triefen, mit grünem Schimmel angelaufen, feucht und der Gesundheit nachtheilig sind.

2. Daß ein altes Gemeinde Backhaus so nahe an der Giebelwand des Schulhauses steht, daß dieselbe bereits von dem Ruß ganz geschwärzt ist und der Rauchsegen durch die Fenster in den Schulsaal des 1ten Lehrer eindringt.

3. Dass das Schulhaus zum Theil auf ein Schulgärtchen gebauet werden mußte welches der 1ste Lehrer der zugleich Kirchendienster ist, dadurch verlohren hat, ohne dafür entschädigt worden zu sein. Ein kleiner Gemüsegarten ist noch bei dem alten Schulhaus vorhanden."

Mit dem Umzug in die heutige Reiherwaldschule am 27. Mai 1956 verlor der Schulbau an der Kirche seinen Nutzungszweck. Ende der 50er Jahre kehrte wieder Leben in die alten Gemäuer, als eine Näherei für Oberbekleidung ihre Produktionsstätte für einige Jahre in die Klassenräume verlegte. Am 1.1.1964 bezog die Gemeinde-Diakonie-Station mit Schwester Elli Luttrop die renovierten Nebenräume, allerdings nur bis zur Fertigstellung des neuen evangelischen Gemeindehauses am 8. August 1965. Nach der Entscheidung der Gemeindegremien wurde das Gebäude im September 1970 abgerissen.

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